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Magazin Einblicke & Erfahrungen

Udo Lindenberg – Wenn das Hotel zum Domizil wird

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Ein Vorbild, nicht nur mit seiner Musik

Udo Lindenberg lebt schon seit 1995 dauerhaft im Hotel Atlantic Kempinski in Hamburg. Ich habe auch einige Zeit in Hamburg gewohnt und finde sie bis heute faszinierend. Ich stand sogar schon des Öfteren mal vor genau diesem Hotel. Aber nicht unbedingt seinetwegen, sondern weil ich die Perspektive, den Blick über den Giebel in den blauen Himmel fotografisch so ästhetisch fand. Natürlich nur bei passendem Wetter und in der richtigen Jahreszeit, denn es war Sommer, als ich in Hamburg war.

Damals war mir nicht gegenwärtig, dass hier Lindenberg wohnt. Sonst hätte ich vielleicht einen neugierigen Blick in die Lobby geworfen. Damals und heute bin ich aber auch mehr mit dem Vier Jahreszeiten am neuen Jungfernstieg verbandelt. Nach einem besonderen schönen Familienurlaub mit Frau und unseren damals noch kleinen Kindern war dieses Hotel Fairmont Vier Jahreszeiten zu meiner Stammadresse in HH geworden. Ich habe nie vergessen, wie begeistert mein damals noch Kleiner war, als er mit einem blütenweißen viel zu großen Hotel-Bademantel im Zimmer aufkreuzte, nachdem er das hauseigene Schwimmbad entdeckt hatte.

Ein Hotel ist natürlich eine kostspielige Art zu wohnen. Für ein paar Tage ist es eine solche Investition wert, aber für Jahrzehnte? Dazu muss man einen anderen finanziellen Hintergrund haben und für sich für diese Art zu leben unschlagbare Vorteile für sich gefunden haben. Ich denke aber, dass er mit dem Hotel Atlantic über die Jahre ein finanzielles Agreement auf Zweiseitigkeit getroffen haben wird. Man profitiert gegenseitig vom Glanz des Anderen. Das Hotel hat einen unauffälligen aber bedeutenden Werbeträger. Lindenberg kann seinen Lifestyle leben.

Udo Lindenbergs Heimat im Atlantic

Wie kam es aber dazu, dass Udo Lindenberg sich dieses Hotel mit seiner langen Geschichte als dauerhaften Lebensmittelpunkt gewählt hat? Er selbst bezeichnet sein Hotel, leicht ironisch, aber durchaus liebevoll, als seine „Panikzentrale“. Da ich seinen Grund, hier zu wohnen, nicht aus erster Hand kenne, werde ich nun bewusst spekulativ, weil ich versuche, mich in sein Denken hineinzufühlen. Natürlich nur, soweit es mir möglich ist. Aber die ganz einfache Antwort? Er hat diese Lebensform gewählt, weil sie zu ihm passt.

Udo wollte weder die Mühen noch die lästigen Beschwernisse eines Haushalts haben, noch wollte er sich um irgend etwas kümmern müssen außer um sich und seine Kunst. Im Grunde hat er vollständigen den privaten Bereich seines Lebens „delegiert“. Interessant wäre die Frage, wann er wohl das letzte mal den Mülleimer an die Straße gestellt hat. Genau solche Alltäglichkeiten hält er mit diesem Lifestyle von sich fern. Dafür gibt es in seinem Hotel den „Ruhm-Service“, wie er seinen Roomservice anerkennend und auch liebevoll nennt. Man kennt sich und man schätzt einander.

Ganz wichtig für ihn. Er nicht isoliert. Wenn ihm nach Gesellschaft ist, geht er runter und setzt sich an seinen Stammplatz der Hotelbar. Dieser Platz wird ihm durch das Hotel freigehalten. Ich denke, kein Gast würde so respektlos sein wollen, seinen Platz zu besetzen. Hier begegnet er Menschen, zufällig oder vereinbart, gerne auch begeisterten Fans, die erfreut über diese besondere Gelegenheit sind, mit ihrem Idol ein paar Worte wechseln zu können. Aber er entscheidet. Wenn es ihm genug ist, fährt er wieder hoch in sein Refugium. Diese Freiheit ist tatsächlich ein großes Privileg.

Ein klassisches Zuhause hat ihn nie gereizt. Nur keine feste Adresse haben. Ein Häuschen mit Parkplatz davor und einem Garten dahinter und einer Hecke drumherum? Am Ende noch einen Gartenzwerg im Vorgarten? Nein! Lindenberg suchte einen Ort, an dem er arbeiten, kreativ sein, Austausch finden und wenn ihm danach war – zur Ruhe kommen kann und gleichzeitig alle Freiheiten hat. So wie er es braucht, um mit sich selbst im Reinen zu sein. So lebt er nun schon fast 30 Jahre. Würde ich ihn fragen, wäre nicht ganz unmöglich das er sagt: „Nun, das ist eben mein Ding.“ Wobei er mir unter seiner Hutkrempe hinweg einen Blick durch seine ikonische Brille zuwerfen würde. Den Mundwinkel zu einer Ahnung von Lächeln verzogen.

Zimmer 105 – seine Lebensmitte und Kommandozentrale

Zimmer 105 ist nicht einfach ein Hotelzimmer. Zimmer 105 ist seine „Kommandozentrale“, so wie er seinen privaten Bereich nennt. Darüber hinaus hat er direkt unter dem Dach sein Atelier, sein „Spitzwegstübchen“, wo er seine Likörelle erschafft. Manche der Likörelle finden sich auch in den Fluren des Hotels. So habe ich es gelesen und halte es für wahrscheinlich. Man müsste nur schauen, auf welcher Etage man sie findet. Seine Werke sind eine interessante Art von Kunst. Für mich eine Mischung aus originellem Cartoon, emotionalen Ausdruck und das Ganze in einen Rahmen gefasst wie ein Gemälde. Es sieht spontan gemalt aus, ist aber doch durchdacht.

Von seiner oberen Etage hat er einen herrlichen Blick auf die Alster und kann vollkommen er selbst sein. Früher hat er hier oben legendäre Parties gefeiert, aber inzwischen lässt er es ein wenig ruhiger angehen. In ihm ist aber noch immer das alte Feuer, so ist mein Eindruck nach allem, was ich bei meiner Recherche erfahren habe. So ungewöhnlich sein Art zu wohnen auf dem ersten Blick erscheinen mag. Es gibt heute Anbieter, die hochwertige Immobilien erstellen und diese Immobilien rüstigen Bewohnern mit einen hotelähnlichen gehobenen Service anbieten. Das Stichwort hierfür lautet Plus-Wohnen.

Ich betone ausdrücklich, dass ich Udo Lindenberg nicht als Senior betrachte, auch wenn man es in puren Lebensjahren so begründen könnte. Er ist einfach zeitlos, so wie für mich Mick Jagger oder Clint Eastwood zeitlos sind. Man könnte seinen Lebensstil aber durchaus als einen Pionier des Plus-Wohnens betrachten, auch wenn er das niemals so nennen würde. Es gibt aber Parallelen. Man mietet sich komfortabel ein und bucht alle Serviceleistungen, hat ein gutes Restaurant im Haus und lebt ohne sich um Haushalt oder Instandhaltung oder die alltäglichen Dinge kümmern zu müssen.

Die Plus-Wohnen Variante: 5-Sterne-Hotel

Dauerhaft in einem Hotel zu wohnen ist nicht mehr so selten. Nicht wenige Geschäftsleute wählen in den ersten Wochen einer neuen Stadt diesen Weg. Der offensichtliche Vorteil ist: Sie können sich ohne Umschweife auf ihr neues Aufgabengebiet einstellen. Vom Tag Eins des Einzugs sind sie startbereit und „eingerichtet“ und haben ortskundige Ansprechpartner direkt vor der Tür. Aber auch Künstler wie Helene Fischer oder Elton John wohnen auf Tournee gerne in einem Hotel, beispielsweise im Hotel Fairmont Vier Jahreszeiten, wenn sie in Hamburg gastieren.

Es ist nicht nur das unkomplizierte Wohnen und die Möglichkeit, sich direkt auf seine Aufgaben fokussieren zu können. Prominente Bewohner schätzen auch die Diskretion und Sicherheit eines Sterne-Hotels. In den gesicherten oder abgeschirmten Bereichen kann sich der Bewohner ohne weitere Verpflichtungen ausbreiten und wohnlich machen. Allerdings sprengen die inzwischen knapp 30 Jahre Udo Lindenbergs im Atlantic Hotel doch den noch üblichen Rahmen. Das ist schon außergewöhnlich.

Wohnen-Plus versus Hotel- der feine Unterschied

Langzeitwohnen in einem Hotel hat einen ganz besonderen Reiz. Es unterscheidet sich aber deutlich vom Leben in einer für Senior*innen optimierten Wohnung. Naturgemäß erst einmal durch die Altersstruktur. In einem Hotel in der Lobby werden Ihnen alle Altersgruppen begegnen. In einer Wohnen Plus Residenz wird Ihnen wohl eher Ihre Altersgruppe begegnen. Das ist kein Nachteil, das ist nur ein Unterschied. Die echten Unterschiede finden sich im weiteren Schwerpunkt des Services.

Wohnungen der Kategorie Plus-Wohnen sind auf Bedürfnisse älterer und vielleicht nicht mehr so mobiler Menschen zugeschnitten. Das ist ein eindeutiger Pluspunkt gegenüber dem Wohnen in einem Hotel. Die Wohnungen selbst und die umgebende Infrastruktur sind barrierefrei und die Bewohnerinnen können im Bedarfs- und Notfall schnell qualifizierte oder medizinische Hilfe anfordern.

Ein Grand-Hotel bietet im täglichen Service ähnliche Vorteile. Als geschätzter Gast oder Stammgast wird man stets zuvorkommend und aufmerksam behandelt. Allerdings kann ein Hotel naturgemäß nur einen Hotel typischen Service anbieten. Es kann nicht garantiert werden, dass bei Bedarf kurzfristig eine Pflegekraft oder ein Sanitäter vor Ort sein kann. Das ist bei einem langjährigen Mieter wie Lindenberg bestimmt nochmal anders. Man hat sich aufeinander eingestellt.

Lindenberg – Vorreiter unkonventionellen Wohnens

Udo Lindenberg beweist es beispielhaft. Wohnen im Alter kann sehr individuell sein. Natürlich ist seine Lösung nicht alltäglich und bestimmt nicht preiswert. Aber er ist ursprünglich nicht dort eingezogen, um einen Alterssitz zu beziehen. Er hat schon in seinen Fünfzigerjahren das Atlantic als seinen Stammsitz gewählt, da es zu seinem ganz persönlichen Style passte – und ist eben einfach geblieben. Es war seine klare Entscheidung für maximale Individualität bei gleichzeitigem Zugriff auf allen Service.

Er lebt nicht das Leben eines Privilegierten. Er ist ein Künstler und vom Service abgesehen hat er sich das Hotel Atlantic zu seinem persönlichen Ausdrucksmittel gemacht. Würde er nicht im Hotel Atlantic leben – man müsste es ihm empfehlen. Darüber hinaus hat er mit dieser Wahl die bei einem Prominenten latent bestehende Gefahr von Einsamkeit durch strukturelle Gesellschaft wirkungsvoll kompensiert. Er kann Menschen begegnen, wenn ihm danach ist – und sich wieder zurückziehen.

Man sieht sich – zumindest im Geiste

Trägt er seinen Hut auch an der Bar? Ich konnte es nicht recherchieren, aber es ist schon zu vermuten. Es gibt einige Dinge, die ich unwillkürlich vor meinen Augen sehe, wenn ich an Udo Lindenberg denke. Seine auffällige Brille, seinen unverkennbaren Hut und seine ganze Statur, absolut gewohnt „öffentlich“ zu sein. Er ist zu einer lebendigen Ikone seines eigenen Lebensstils geworden und das ist gut – das hält ihn zusammen. Das ist wie mit einer idealen Weste. Trägt man sie, geht man einfach aufrechter.

Ich werde bestimmt wieder Hamburg besuchen, neben Freiburg meine Herzensstadt, da es in der Umgebung Hamburgs einige sehr interessante Seniorenresidenzen gibt, die ich mir anschauen möchte. Abschließend sende ich einen virtuellen Gruß aus dem Rheinland nach Hamburg in die oberen Etagen des Atlantic. Es war sehr interessant, mich mit der Person Udo Lindenberg und seinem Lebensstil zu beschäftigen. Man kann bei ihm tatsächlich sagen – er lebt, was Andere erst noch suchen und finden wollen.

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